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Mittwoch, 5. August 2015

Rendezvous mit der Realität

Die Probleme im politischen Geschäft können manchmal unverhofft Wahrheiten offenbaren. So im Fall um die Ermittlungen des Generalbundesanwalts um Landesverrat. Jetzt dürfte auch jedem Bürger in Deutschland klar werden, dass die Politik Einfluss auf die Justiz nimmt. Der Mythos von einer unabhängiger Justiz durch Gewaltenteilung der drei unabhängigen Säulen der Demokratie nämlich der Exekutiven, Legislativen und Judikativen ist nun entzaubert. Dies wird spätestens auch bei der Ernennung des neuen Bundesstaatsanwalts durch den Bundesjustizminister, der ihn vorschlägt, der Bestätigung durch den Bundesrat und den Ernennung durch den Bundespräsidenten klar. Aber um einen Teil des Streits, nämlich um die Pressefreiheit, als angebliche vierte Säule der Demokratie offenbart sich eine andere Wahrheit. Warum veröffentlicht ein eher unbekannter Blog die geheimen Dokumente und nicht eine etablierte Zeitung? In Frankreich hat die kleine unabhängige Zeitschrift
Charlie Hebdo
unbequeme Themen ausgegriffen und von der Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht. Ist die angebliche Presse- und Meinubgsfreiheit auch nur eine Wunschvorstellung bzw. ein Mythos des Narratives von Demokratie? Dies wird nicht nur durch den Bundespresseball sondern durch vielfältige Kontakte und Essen zwischen Medienvertretern und den Politikern, immer deutlicher. Gerade dann wenn Politiker für einen Tag mal Chefredakteur spielen dürfen. Blogger und Journalisten bei Charlie Hebdo pflegen wahrscheinlich keine Kontakte zu Politikern, oder doch? Wenn man sich die Themensetzung der Printmedien anschaut, dann hat man das Gefühl in einem deutschen Supermarkt gelandet zu sein, Das gleiche Warenangebot nur unter einem anderen Namen, wie bei der Konkurrenz und meist zu den gleichen Preisen. Der Medienkonsument wird bei diesem Einheitsbrei naiv gehalten. Ideen wie persönliche Blogs werden von Journalisten kopiert. Eher wird von der etablierten Presse die Freiheit der Selbstbeschränkung und -zensur genutzt, als Risiken zugunsten der Presse- und Meinungsfreiheit eingegangen, um nicht den Zugang zu Politikern zu verlieren. Kein Wunder, dass die Glaubwürdigkeit der Presse und anderer Massenmedien (das TV hat Fernsehräte, die die Politik vertreten) leidet und die Medienkunden immer weniger werden, anlog zur Entwicklung in der Kirche, die ihre Gläubigen verlieren. Die Nische der kritischen Berichterstattung und der Aufklärung bleibt den Blogs und/oder den sozialen Medien überlassen. Diese Funktion haben früher politische Gruppen mit ihren eigenen Druckereien und über Flugblätter erledigt. Um dennoch auf diese (Blogs und soziale Medien) Druck auszuüben, hat man quasi als Lingua Quartii Imperii die politische Korrektheit eingeführt und bei unliebsamen Äußerungen das Mittel Strafanzeige zu erstatten und diese Handlung auch noch öffentlich Kund zu tun, erkoren. Bei all dieser Entwicklung wird auch klar, dass die Politiker nicht mehr das Niveau und Format haben, welches die Bürger aus früheren bundesrepublikanischen Jahrzehnten gewohnt war. Ob zweimal verlorene Landtagswahlen eine ausreichende Qualifikation für ein Bundesministeramt darstellen? Wenn bundespolitisches Spitzennpersonal von der Presse beste Schulnoten bekommt, dann fragt man sich zwangsläufig was heute noch Schulnoten wert sind? Auch wird in der Presse gerne über ministrialble Politiker diskutiert und sie zu höheren Weihen heraufgeschrieben oder im Anflug von Machtphantasien Leute aus Ämter geschrieben. Aber auch bei der Eurokrise, der Zuwanderung und der Ukraine-Russland-Krise wird zunehmend klar, dass die Realität die Politik des Aussitzens und des Zuwartens oder des vermeintlichen Rettens, das bundespolitische Personal über kurz oder lang einholt. Die Presse sekundiert brav, unliebsame Themen verschwinden schnell wieder, wie auf Anpfiff. Als Bürger hofft man, dass die Bundespolitik für Krisen einen Plan B vorbereitet hat, aber dies hat der US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman bei der griechischen Regierung, die ein Referendum ausgerufen hat, auch (vergeblich) gehofft. Man darf also zweifeln, dass die Bundespolitiker mit Weisheit ausgestattet sind. Vielleicht wird es den Bundespolitikern zu einfach gemacht, vielleicht helfen mehr demokratischer Wettbewerb und Entscheidungsverfahren in der Politik wie Referenden auf Bundesebene, Auswahlverfahren von Politikern und eine wirklich unabhängige Presse die Weisheit der Verantwortlichen zu erhöhen?

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