Stat

Montag, 23. Dezember 2013

Wiedereinführung alter Kfz-Kennzeichen: eine Bilanz

261 alte Kfz-Kennzeichen wurden wieder genehmigt. Dies ist beachtlich. In machen Kreisen wurde sogar die Wiedereinführung zuerst verhindert und später genehmigt, wie im Kreis Waldeck-Frankenberg im Rahmen der Kommunalwahl. Die Argumente, dass die Wiederzulassung von Altkennzeichen Mehrkosten verursachen ist unglaubwürdig, wie Fachleute versichern. Das Argument der Gegner, dass dadurch die Identität des durch die Gebietsreform neugeschaffenen Kreises gefährdet ist fragwürdig. In vielen Kreiswappen sind beide vorherigen Kreiswappen vereinigt. Hier soll das Argument nicht gelten. In Bayern, ein Land mit unverkennbarer Identität, wurden die meisten Altkennzeichen genehmigt. Vielleicht ist die Verweigerung durch die Lokalpolitik ein Zeichen von fehlender Identität und schwachem Regionalbewusstsein? Es bleibt zu hoffen, dass im Laufe von Kommunalwahlen die Lokal- und Kreispolitiker ihre Argumente noch mal auf den Prüfstand stellen. Denn einige Wähler haben die Ablehnung der Wiedereinführung nicht vergessen.

Sonntag, 17. November 2013

Eingedenk der Verstorbenen 2013

Nicht vergessen, heute ist Volkstrauertag, deshalb soll auch den aus Welda stammenden Verstorbenen seit dem letzten November 2012 nachträgich gedacht werden.

Zu Allerseelen fand in Welda ein Wortgottesdienst statt: zum Eingedenk der Verstorbenen 2012.
Aus der Gemeinde Welda sind seit November 2013 folgende Personen verstorben:


* Ursula Deppe, geb. Risse

* Maria Bodemmann

* Doris Dunkel

* Magaretha Marquard geb. Kesting

* Erwin Dierkes

* Maria Hofnagel

* Klara Flore

* Fritz Brand

* Irmgard Bürger

* Maria Tegethoff, geb. Jakobs


und Totensonntag wird Frau Obersiebrasse gedacht.

Samstag, 16. November 2013

Besprechung der TV-Dokumentation: Noch sind wir da

Eine Fernsehen-Dokumentation zeigt das Leben im ländlichen Siedlungsraum im Wandel der Zeit, diesmal am Beispiel der Gemeinde Nieheim im Kreis Höxter. Die Aufnahmen entstanden im Winter, so wird der Zuschauer schon in ein trauriges Thema eingestimmt. Die Fakten der leerstehenden Häuser, der schließenden Geschäfte und Schulen, die vor Ort bleibende ältere Generation, sowie der Schwund von 80-90 Einwohner pro Jahr sind Tatsachen, die nicht zu leugnen sind. Aber die jüngere und mittlere Generation wie der heimatverbundende Landarzt, die Familie, in der die Frau Schülerbusfahrten durchführt, um eine Schulschließung zu vermeiden und ihr Mann am freien Tag Sportunterricht für Kinder Verein gibt, der engagierte Bürgermeister, der junge Leute zum Bleiben und zum Wiederkommen überzeugen will, zeigt auch, dass das Problem, wie auch dass der Überverschuldung der Kommune, verstanden ist und dass sie die Zukunft vor Ort gestalten will. Man möchte ihnen mehr Unterstützung außerhalb der Gemarkungsgrenzen wünschen. Wenn das Bundesland schon nicht ausreichend hilft, finden sich vielleicht Paten. Man hilft ja oft ehrenamtlich auch in anderen Ländern und Kontinenten. Auch der ländliche Raum muss weiterentwickelt werden. Was den Zuschauer beeindruckt und dies erinnert an Menschen von anderen Kontinenten, sind die trotz der schwierigen Entwicklung lächelnden und zufriedenen Einwohner, wie beispielsweise der Wirt und seine Cousine, die das letzte Kolonialwarengeschäft im hohen Alter vor Ort führt. Wenn man solche Nachbarn und Mitbewohner hat, dann kann man sich im Grunde glücklich schätzen. Die beiden Hauptherausforderungen sind, dass die Stimmung vor Ort nicht kippt und dass sich ausreichend neue Betriebe vor Ort ansiedeln. Letzteres würde die Abwanderung reduzieren und neue Bewohner in den Ort bringen. Man braucht gar keine Industrie oder Großbetriebe, als heilklimatischer Kurort ist dies auch gar nicht sinnvoll. Kleine mittelständische Unternehmen, aus diversen Branchen würden vorerst reichen. Was die Stimmung angeht, ist Nieheim mit dem Käsemuseum (eigentlich Teil des Westfalen Culinariums, welches auch Brot- Bier- und Schnaps-Museum beherbergen soll), dem Deutschen Käsetag sowie dem Sackmuseum, welches in der Doku nicht gezeigt wurde, kulturell gut aufgestellt. Die Kirchengemeinde und der Jugendraum bieten auch Veranstaltungen und Treffs, wie in der Doku gezeigt, für ältere Frauen und wahrscheinlich auch andere Zielgruppen an. Die Pralinen von der 92- jährigen Dame sind bestimmt auch eine lokale Attraktion. Manchmal können Dokumentationen, wie diese, die Leute motivieren sich noch stärker zu engagieren sowie Chancen zu nutzen und manchmal auch deprimieren oder fatalistisch werden lassen. Die ewigen Nörgler und Schwarzseher sollte man bei dem Wandel im ländlichen Raum nicht die Oberhand gewinnen lassen, denn diese entmutigen nur und verbrauchen die letzten Reserven der aktiven Gestalter. Letztendlich ist die Zukunftsgestaltung des ländlichen Raums, daran denkt man beim Anblick des Trikots des Bürgermeisters, wie ein Fußballspiel, d.h., man muss viele Chancen verwerten, wenig Tore kassieren und man braucht die Unterstützung der Anhänger (Fans) und Sponsoren. Gute Spieler müssen gehalten und angeworben werden, schlechte Spieler muss man ziehen lassen und wie eine Infrastruktur müssen das Spielfeld, das Station und das Image der Spielermannschaft gepflegt bzw. entsprechend umgebaut werden. Etwas zu kurz gekommen in der Dokumentation sind Diskussionen, die die lokalen Probleme und die möglichen Initiativen in der Gruppe besprechen und analysieren, wie dies in der Gruppe der Schulbusfahrerinnen teilweise stattfand. Denn wichtig ist es, von Erfahrungen und guten Initiativen anderer und Erfolgsmethoden zu lernen. Zumindest hat im November d.J. der historische Ratskeller in Nieheim wieder eröffnet, was erst nach den Aufnahmen der Dokumentation geschah. Jetzt kann es mit der Wirtschaft und der Stimmung in Nieheim nur noch bergauf gehen...

Montag, 4. November 2013

Unser idyllisches Bild vom Dorf hat keine Zukunft!

Heute gibt es kommunale Bauordnungen und Bauplanungsrecht, die das Erscheinungsbild von Siedlungen regeln und erhalten soll. Es gibt heute sogar eine Baudenkmalpflege. Zudem gibt es Wettbewerbe, die früher ''Unser Dorf soll schöner werden'' bezeichnet wurden und heute als ''Unser Dorf hat Zukunft'' benannt werden. Dennoch hat man den Eindruck, dass genau der gegenteilige Prozess stattfindet. Man vergleiche dazu alte Bildaufnahmen von den Dörfern mit Aufnahmen von heute, von den gleichen Positionen. Gerade diejenigen Bildvergleiche, welche die Ortschaft von außen zeigen, markieren die größte Unterschiede. Meist wird man feststellen, dass die landwirtschaftliche Industrialisierung sowie die ökonomische Nutzung von Flächen Spuren hinterlässt. Es sind sogar schon Verantwortliche wegen dieser Entwicklung und ihrer Ohnmacht von ihrem Amt zurückgetreten. In einem interessanten Beitrag widmet sich Cora Stephan dem Phänomen der ländlichen Verödung. Der provokante Titel lautet ''Unser Dorf soll hässlicher werden!''. Der Artikel beschreibt den schleichenden Prozess der ländlichen Verödung, bei dem erst Kneipen dann Geschäfte schließen und dann die Infrastruktur zu groß dimensioniert erscheint. Das Idyll vom schönen Landleben, propagiert in einigen Zeitschriften, existiert in vielen Ortschaften nicht mehr. Biogasanlagen und Windräder verändern das Landschaftsbild und auch ''unsere Vorstellung von der heilen Welt auf dem Land''.


Volksvertreter und Fremdschämen

Vielleicht ist man nur etwas altmodisch oder hängt Idealen hinterher? Man war ja schon fast gewohnt, dass die gewählten Volksvertreter, insbesondere diejenigen, die dafür bezahlt werden, schon ein Mindestmaß an Intelligenz, Erfahrung, Bildung und Kultur mitbringen. Ein Mindestmaß, welches über den Durchschnitt der Gesellschaft herausragt. Aber offensichtlich versagen gegenwärtig die Kontollmechanismen sprich Castingsshows der politischen Parteien, die vor den Wahlen ihre Kandidaten nominieren. Dies wurde jüngst wieder offensichtlich als eine junge Abgeordnete, die Parteizugehörigkeit spielt dabei weniger eine Rolle, bei dem ersten Auftreten in einer TV-Talkrunde sich mit den Wortmeldungen so blamierte, dass sich die Zuschauer fremdschämten. Was ist da passiert? Lag es an den guten Beziehungen der Dame in der Partei oder an anderen Gründen? Nicht nur hier, sondern auch beim Wechsel eines ehemaligen Staatsministers in die Wirtschaft ist die Empörung groß. Die Wähler haben das Gefühl, dass das Wohl und Eigeninteressen der Gewählten für die Politiker vor dem Wohl der Allgemeinheit bzw. Gesellschaft, Volksinteresse, Nutzen des Volkes und Abwehr von Schaden, steht. Die Bürger haben kaum Möglichkeiten unqualifizierte Kandidaten herauszuwählen. Es gibt in der Politik keinen echten Wettbewerb, wie beispielsweise bei Stelleninterviews in der Wirtschaft. Die Folge dieses Missstands wird eine höhere Politikverdrossenheit sein und eine noch größere Abwendung der Bürger von der Politik und der demokratischen Form. Dies ist ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss, bevor es zu spät ist. Denn auch staatsanwaltliche Untersuchungen, wie im letzten Fall, verlaufen doch meist im Sande. Wichtig wäre eine Ratifizierung der Antikorruptionskonvention im Bundestag. In den USA gibt es zumindest eine Sperrfrist (Karenzklausel) für Politiker, die aus der Regierung oder Parlament heraus in die Wirtschaft wechseln wollen. Und vielleicht helfen Primaries bei der Vorauswahl von qualifizierten Kandidaten für die Wahlbezirke, die Abgeordnete nominieren.

Samstag, 2. November 2013

Demonstrieren

Asylanten, die in Niederbayern in Böbrach untergebracht sind, demonstrieren vor dem Landessozialministerium in München. Sie fordern in einem Ort untergebracht zu werden, wo es einen Supermarkt und eine Mobiltelefonverbindung gibt. Dies sind sehr gute Forderungen, die die meisten Ortschaften bzw. Bewohner im ländlichen Raum fordern dürfen. Warum demonstrieren nicht Einheimische, um gleiche Forderungen zu stellen? Sie dürfen sich sogar legal in die nächste Landeshauptstädte bewegen. Denn Forderungen zu stellen ist modern.

Montag, 14. Oktober 2013

Braucht das Land Heimatministerien?

In Bayern wurde zu Beginn der neuen Legislaturperiode im Herbst 2013 das Landesfinanzministerium, um das Ressort Heimat erweitert. Da stellt sich zunächst die Frage braucht man so ein ministerielles Ressort? Man könnte denken, dass sich die Landesregierung schon ausreichend um die Heimat sorgt. Wenn man die weitere Bezeichnung des Ministeriums nämlich ,Landesentwicklung' liest, dann versteht man, dass man die ländliche Infrastruktur damit fördern möchte. Es sollen Defizite im ländlichen Raum (Internetversorgung, Ärztemangel usw.) von der Landeshauptstadt aus zentral beseitigt werden. Wahrscheinlich wird das Ministerium auch mehr bei kommunalen Belangen ein Mitspracherecht bekommen. Da sind zum einen die kommunalen Haushalte, die meist überschuldet sind, und zum anderen auf der kommunalen Ebene Herausforderungen und gute Lösungen gefragt, die die Freien Wähler stark gemacht haben und welche der Mehrheitspartei Stimmen gekostet haben. Geschickt angedacht ist die Einrichtung dieser Ressortabteilung in Nürnberg, quasi als Gegenpol zur Landeshauptstadt München. München platzt eh aus allen Nähten und das Wachstum ist eher im Norden dieses Bundeslandes notwendig. Der Ministerpräsident hat aber ausgeschlossen, dass mit dem Heimatministerium die Folklore gefördert werden soll. Der Begriff Heimatministerium scheint eine geschickte Wortwahl zu sein, in einer Zeit, in der immer mehr Integrationsministerien eingerichtet werden und eine ebenso starke Zuwanderung zu verzeichnen ist. Mit dem Begriff fühlen sich die Einheimischen vielleicht wieder mehr angesprochen und ernst genommen. Hier liegt aber die Gefahr der Begriffswahl. Denn wenn die Bürger von den Erwartungen, die sie mit diesem Begriff verbinden, enttäuscht werden, kann er auch für die politischen Verantwortlichen leicht ein Bumerang werden. Denn immer mehr Wähler haben das Gefühl, dass sie nicht mehr von der Politik wahrgenommen werden und anstatt dessen Gruppen, die eine gute Lobby besitzen, ,,die Sahneschnitten'' von der Politik frei Haus geliefert bekommen. Deshalb sollten die Verantwortlichen ernsthaft überlegen bzw. nachdenken lassen, welche Erwartungen der Bürger mit diesem Ministerium verbindet. Der Mensch lebt nicht nur von Brot und Wasser allein, sondern auch von Kultur, geistigen Anregungen und die Identifikation mit der und der Bindung zur Region gehören auch dazu. Das Immaterielle entsteht nicht von selbst. Diesen Punkt haben die deutschen Politiker in der Vergangenheit stark vernachlässigt. Sie reden zwar immer von Identität und Werten, aber sie tragen zu deren Erhalt nichts oder zu wenig bei. Wenn die Infrastruktur das Materielle darstellt, dann sollte analog auch das Immaterielle gefördert werden.

Dienstag, 8. Oktober 2013

Bürgerwehren für die Sicherheit im Ort?

Der deutsche Staat spart, wo er kann, deshalb müssen immer mehr Bürger neben dem Entrichten von Steuern auch immer mehr freiwillige Arbeit für die Gemeinschaft leisten. Gleichzeitig nimmt das Gefühl, dass man in einem sicheren Land lebt ab. In der Hauptstadt hat man mit dem Einsatz von freiwilligen Ordnungshütern angefangen, die in ihrer Freizeit Wachdienst leisten. In immer mehr Städten finden sich sogenannte freiwillige Bürgerwehren, die sich aber selbst organisieren. So auch in Würzburg am Main, dort haben sich einige Bürger zu einer Bürgerwehr zusammengetan. Sie wollen in der Innenstadt für Ordnung und Sicherheit sorgen. Aber diese Bürgerwehren habe kein Mandat und können auch nicht Mittel einsetzen wie die Sicherheitsbehörden. Sie können auch keine Personenkontrollen durchführen. Sollten einige Mitglieder sich die Freiheit nehmen diese ihnen verbotenen Mittel zu nutzen oder Personen zu kontrollieren, übertreten sie die Gesetze. Amtsanmaßung, Nötigung sind hier noch die geringste Art von Verstößen. Gegen eine Sicherheitswacht, die ehrenamtlich arbeitet und von den Ordnungsbehörden ausgebildet und autorisiert sind, ist nichts zu sagen. Selbsternannte Wachmänner, auch wenn dies eine Form der Zivilcourage und freiwilliges Engagement ist, wirkt abschreckend. Heute lassen sich Personen, die ein Sicherheitsrisiko für die Allgemeinheit darstellen, selbst von staatlichen Ordnungskräften nicht beeindrucken. Deshalb sind weitere Konfliktlinien zwischen Bürgerwehren und Täter vorgezeichnet. Deshalb soll jeder Kommune und Ordnungsbehörde Freiwillige aussuchen und ausbilden sowie führen, bis wieder ausreichend berufliche Sicherheitskräfte bezahlt werden können. Auch im ländlichen Raum nimmt das Gefühl an Sicherheit ab. Deshalb gilt es aus den Fehlern in den Städten zu lernen, wenn sich Bürgerwehren bilden.

Samstag, 27. Juli 2013

Medizinische Verschreibung von Obst und Gemüse

Man kann US-Amerika einige Vorwürfe machen, gerade aufgrund der jüngsten Enthüllungen um das Kommunikationsgeheimnis. Aber eines muss man den USA lassen, dort werden viele Ideen umgesetzt, die in Europa schon im Vorfeld aufgrund von niedriger Akzeptanz in der Bevölkerung und aufgrund von Skeptizismus der Kritiker, Bedenkenträger und Verantwortlichen sowie aufgrund der Gesetzgebung scheitern. In New York werden jetzt von einigen Krankenhäusern übergewichtigen Menschen sogenannte ''Health Bucks'' ausgegeben. Bucks ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für Dollar oder Kohle(Geld), frei übersetzt also Gesundheitsdollar. Mit Gutscheinen können die Inhaber dieser Scheine regionale Obst- und Gemüseprodukte in Lebensmittelgeschäften bekommen. Jede Person bekommt pro Tag einen Gutschein im Wert von einem Dollar. Dafür müssen sich die teilnehmenden Personen einmal pro Monat untersuchen lassen. Das Programm, an dem 140 Familien teilnehmen, läuft erst einmal über vier Monate. Aber alle Beteiligten, Landwirte in der Region, Lebensmittelgeschäfte, die regionale Produkte anbieten sowie die Krankenhäuser und Ärzte sowie vor allem die Übergewichtigen bzw. deren Gesundheitsvorsorge und letzendlich das Gesundheitssystem profitieren davon. Nicht schlecht das Konzept. Mal sehen, ob die Idee erfolgreich ist und wann sie nach Europa kommt?

Sonntag, 14. Juli 2013

Schliessen sich eine gute Infrastruktur und ländliches Leben gegenseitig aus?

Im Vergleich zu den Städten leben in dünnbesiedelten ländlichen Gebieten zunehmend immer weniger Bewohner. Prozentual gesehen, ziehen immer mehr Bewohner der jüngeren Generation weg, die Älteren bleiben vor Ort. Zudem stehen viele Häuser auf dem Land leer. Auch der demographische Wandel macht auf dem ländlich Raum nicht halt. Dorfleben mutiert nicht zu einer Luxusexistenz, sondern zu einer Versorgungswüstung. Serviceunternehmer und Versorger wie Telekom, Post usw. ziehen sich immer mehr aus dem ländlichen Raum zurück. Die Mobilität nimmt in der Regel auch ab. Auch Krankenhäuser, Apotheken auf dem Lande schliessen oder finden keine Ärzte oder Apotheker. Dabei ist die Infrastruktur nicht nur für Einheimische wichtig. Denn wer als Reisender unterwegs verunglückt, der braucht eine schnelle medizinische Versorgung vor Ort. Wenn aber weit und breit kein Rettungsmediziner und Krankenhaus vorhanden ist, dann hat man eine Situation ähnlich wie in einem Dritte Welt-Land. Gut man kann mit Rettungshubschrauber eventuell ausgeflogen werden, aber dies löst nicht in jedem Fall das Problem. Deshalb sind neue Lösungen gefragt. Rein betriebswirtschaftliche Ansätze laufen ins Leere und haben, wenn umgesetzt, verheerende Folgen.


Dienstag, 16. April 2013

Warum soll man Geld für einen Online-Artikel bezahlen?

Einige bekannte Online-Zeitschriften wollen gegenwärtig dazu übergehen, dass die Leser für einen Online-Artikel oder eine Zahl an Artikeln bezahlen. Dieser Wunsch ist verständlich, denn es gehört zum Geschäftsmodell eines jeden Unternehmens Einnahmen zu erzeugen, mit denen die Ausgaben und Gewinn finanziert werden. Die Online-Werbung sollen angeblich in den meisten Fällen nicht dafür ausreichen. Aber als Leser bekommen man über die Einnahmen aus Werbung bei den meisten Zeitschriften keinen Einblick. Die Leser fragen sich: Vielleicht reicht die Werbung schon für die Ausgaben schon aus? Es hat doch jahrelang gut funktioniert. Aber diese Informationen werden die Verlage wahrscheinlich nie offen legen. Somit bleibt einem nichts anderes übrig als einen Artikel aufgrund des Titels und manchmal des ersten Artikelabschnitts zu kaufen, d.h., quasi die Katze im Sack. Aber wie transparent sind eigentlich die Informationen, die man für eine Kaufentscheidung benötigt? Titel in Zeitschriften sind meist irreführend und halten nicht immer was sie versprechen.

Vorab gesagt Artikel, die 2 € kosten, sind den meisten Lesern zu teuer. Dann kann man gleich eine gedruckte Papierausgabe kaufen. Selbst bei einer Auswahl von 10 Artikeln pro Monat, weiß man nicht, was man kauft, bevor man die Artikel nicht gelesen hat. Es fehlt die Information, wie qualitativ gut (recherchiert, inhaltlich, fachlich) ein Artikel ist. In den Diskussionsforen gibt es heute in der Regel viel Kritik an den Verfassern bzgl. Titel, Inhalt, Fachkenntnisse und Neutralität. Beim Vergleich zwischen verschiedenen Zeitschriften fällt auf, dass manche Artikel nur von Veröffentlichungen anderer Zeitschriften abgeschrieben sind und die Mehrinformation gegenüber freien Artikel gering ist. Dann greift man lieber auf die Originalartikel der anderen Zeitschriftem zurück. Wenn der Artikel einen Mehrwert schafft, ob nun investigativen Journalismus oder Ratgeber oder Informationen, die man sonst nicht bekommt, dann wäre man bereit dafür zu zahlen. Das Problem ist transparente, verlässliche und ehrliche Informationen über die Artikel zu bekommen und nicht nur durch 'Gefällt mir Knopf' einer Person, die man nicht kennt oder einer Empfehlung der Redaktion. Gewiss Leser sind auch nicht immer ehrlich. Sie geben den Artikeln auch nicht immer gute Noten, auch wenn diese eine gute Benotung verdienen würden. Der Grund dafür ist meist, um die finanziellen Ausgaben zu vermeiden, wo man kann. Manche Leser denken wie folgt: Warum für etwas bezahlen, wenn man es umsonst bekommen kann? Dies ist nicht fair! Und dies Verhalten schadet sowohl den Unternehmen aber auch der Gesellschaft sowie unserer Kultur. Denn wie soll Neues und Qualität entstehen, wenn es nicht belohnt bzw. honoriert wird?

Aber wie in der Spieltheorie gibt es meist mehr als einen Akteur, der handelt und in Gedanken... sein schadhaftes Handeln rechtfertigt. Denn es kommt zu den obigen Ausführungen noch hinzu, dass manche Zeitschriften ihre Artikel von Autoren als Freelancer oder für wenig Geld und manchmal kein Geld erwerben. Dies ist auch nicht fair! Hinzu kommt, dass oft Online-Quellen, wie Wikipedia, quasi zur Streckung des Textmaterials verwendet werden. Manche Leser stört zudem die tendenziöse Berichterstattung einiger Publikationsorgane. Dies möchte man finanziell auch nicht noch unterstützen. Deshalb benötigt man als Leser eigentlich eine unabhängige Jury, die die Artikel kategorisiert.

Zur Abhilfe der oben beschriebenen Unfairness, wäre es mehr Preise bzw. jeweils Geld für gute Artikel nach der Lektüre zu vergeben. Wenn Leser beispielsweise 1000 Artikel pro Jahr online lesen, dann vergeben sie Punkte für die gelesenen Artikel, die sie gut finden. Um Zugang zu Online-Artikeln zu bekommen, zahlen sie 50-100€ pro Jahr. Die Summe wird nach den vergebenen Punkten verteilt. Vergeben sie keine Punkte, wird dieser Jahresbeitrag durch alle Online-Zeitschriften anteilig der Nutzung, d.h., Zahl der aufgerufenen Artikel pro Zeitschrift, geteilt. Somit geht nicht jeder Autor leer aus und gleichzeitig werden gute Autoren besser bezahlt. Bei der Preisgestaltung des jährlichen Beitrags sollte man sich an Printausgaben orientieren. Der Online-Leser hat auch Kosten, wenn sie Online Artikel lesen und sollten eher als zusätzlichen Abonnenten, ohne Papier- und Vertriebskosten, betrachtet werden.

Ein anderes Geschäftsmodell verfolgt zur Zeit in den Niederlanden die Neugründung ''De correspondent'', wo 15,000 Leser vorab der Gründung ein Jahresabonnement zum Preis von 60€ erwerben sollen. Dies ist eine Art Crowd-Funding-Gründung mit Investoren im Hintergrund. Die Verlagsidee nach eigenen Angaben ist den Leser durch den Informationswald auf einem Weg zu leiten, ohne Umwege gehen zu müssen und damit keine Zeit zu verlieren. Ob dies funktioniert, wird man noch sehen.

Aber die Leser sind sehr verschieden in ihrem Bedarf an Informationen. Bei einigen ist es eher ein Problem einen Zugang zu möglichst verschiedenen Online-Zeitschriften für einzelne interessante Artikel zu bekommen. Die Interessen an vielfältigen Themen sind groß, für diese Lesergruppe. Ihr Mehrwert besteht darin, nicht die gleiche Information in mehr als einer Online-Zeitschrift lesen zu müssen. Optional wäre zudem noch eine Zusammenfassung von guten und originellen Leserkommentaren. Damit spart man Zeit. Für die Realisierung würde sich eine Art von Informationsdossier anbieten, in dem Informationen aus verschiedenen Quellen zusammengefasst und weitere Informationen über Folgeereignisse und -Artikel ergänzt werden. Dies würde dieser Lesergruppe Zeit sparen, ohne auf neue, relevante und vielfältige Informationen verzichten zu müssen.

Die meisten von Journalisten diskutierten Geschäftsmodelle zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich wenig Gedanken über die Leser machen. Ein gutes Geschäftsmodell muss aber die Bedürfnisse und das Interessen der Leser berücksichtigen, um erfolgreich zu sein. Gewiss, eine Konzentration der Medien scheint unvermeidbar, die Chance für die Medien, insbesondere Regionalzeitungen, liegt, wie schon früher diskutiert, in einer Neufokussierung, der Diversifikation sowie der Erschließung neuer Potentiale, d.h., neuer Themenfelder und Leser.

Nun die Gretchenfrage: Würde der Leser dieses Posts auch etwas für diesen Text bezahlen?

Dienstag, 9. April 2013

Landesmittel für Denkmalpflege und Archäologie sollen in NRW gestrichen werden

Wie einige überregionale Zeitungen berichten, will die NRW-Landesregierung die Landesmittel für Baudenkmalpflege und Bodendenkmalpflege (Archäologie) ab 2015 komplett kürzen. Die Denkmalpflege zählt zu den staatlichen, d.h., hoheitlichen Aufgaben, die auch in der Landesverfassung im Artikel 18 festgeschrieben ist: „Kultur, Kunst und Wissenschaft sind durch Land und Gemeinden zu pflegen und zu fördern.“. Gegen diese politische Entscheidung regt sich nun Widerstand, mit Hilfe einer Petition versucht die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte eine ausreichende Zahl an Unterzeichner zu gewinnen, damit die Landespolitiker diese umstrittene Entscheidung zurücknehmen. Denn ohne ausreichend staatliche Mittel kann das kulturelle Erbe, ob nun Bau- oder Bodendenkmäler, nicht bewahrt und erforscht werden. Die Kommunen sind heute wegen der vielen Verpflichtungen, die vom Land und Bund, ohne finanziellen Ausgleich, vorgegeben werden, überschuldet. Sie können die Kürzung nicht ausgleichen. Im ländlichen Raum fehlen zudem Unternehmen oder private Sponsoren, die gfls. bei der Finanzierung von archäologischen Grabungen und Forschungen als Ersatz einspringen können. Deshalb ist die Rücknahme dieser umstrittenen Entscheidung für den Erhalt des kulturellen Erbes im ländlichen Raum so wichtig.

Aber da fragt sich ein jeder, was der Grund für diese Kürzung ist? Zunächst ist es der verantwortliche Minister, derjenige der Änderungsvorschläge seines Ressorthaushalts einbringt. In NRW ist Michael Groschek Landesminister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr. Aus seinem Lebenslauf kann man entnehmen, dass er seit Ende der 19080ziger Jahre in der Immobilienwirtschaft als Geschäftsführer tätig war. Dies erklärt wahrscheinlich seine Budgetänderungen. Denn in der Immobilienwirtschaft ist so manchen Verantwortlichen die Denkmalpflege bzw. die entsprechenden Gesetze ein Dorn im Auge.

Samstag, 16. März 2013

Einbruchszahlen im ländlichen Raum

Seit einiger Zeit sollen die Einbruchszahlen in Ostwestfalen, aber auch andernorts extrem angestiegen sein (Neue Westfälische, Feb. 2013). So ein Anstieg steht meist in Verbindung mit gesellschaftlichen oder politischen Veränderungen. In der Menschheitsgeschichte gab es schon immer Einbrüche, seitdem Behausungen existieren. Man begann auch schon früh Serien von Einbrüchen zu analysieren. So wurde neben anderen Delikten am 23. April 1806 von einem Einbruch in das Pfarrhaus in Welda berichtet ( Quelle: Aktenmässige Nachrichten von dem Gauner- und Vagabunden-Gesindel sowie von ...K. P. T. Schwencken, 1822, welche in der Liste der Verbrechen der Bande des Liborius Pollmann und Cons., gewöhnlich Niederhessische, auch Diemel - Bande genannt, eingeordnet wurden; ebd.,S.25 ). Um 1806 hat die politische Administration mehrmals gewechselt, d.h. vom Hochstift Paderborn zur preußischen Administration und danach zum französisch geprägten Königreich Westfalen. Ein Grund für die aktuelle Einbruchsreihe soll an der Reisefreiheit von Einbrecherbanden aus osteuropäischen Staaten sowie an dem Wohlstandsgefälle zwischen Deutschland und Herkunftsland einiger Täter liegen. Die Globalisierung bzw. die letzte EU - Erweiterung macht sich hier bemerkbar. Die hiesige Bevölkerung ist durch die Einbrüche verunsichert und sie weiß, dass die Polizeibehörden in der Regel über wenig Personal verfügen. Gerade im ländlichen Raum ist die nächste Polizeistation weiter entfernt. Polizisten gibt es in den meisten Ortschaften nicht mehr. Dies ist auch eine politische Entscheidung. Vor 8-15 Jahren gab es aber schon eine ähnliche Reihe von Einbrüchen. Damals wurden ganze ländliche Gegenden systematisch abgegrast und nachts ausgewählte Gebäudeobjekte ausgeraubt. Die Polizei bot den Bewohnern Veranstaltungen zur Einbruchsprävention an und es wurde eine deutsch-niederländische Sonderkommission gebildet. Diese stellte letztendlich die Täter aus Osteuropa, der Hauptverantwortliche steuerte die Bande von Polen aus. Die Aufklärungsquote bei Einbruchsdelikten liegt meist zwischen 6,4 und 8,3%. Nordrhein-Westfalen liegt in der Einbruchsstatistik der Großstädte (7 von 10 Großstädte liegen in NRW) ganz oben, wie eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts berichtet, mit Recklinghausen an der Spitze mit 591 Einbrüchen pro 100.000 Einwohnern im Jahre 2011.

Dennoch hinterlässt die aktuelle Berichterstattung in den Medien in Ostwestfalen (OWL) viele Fragen. Wenn auf der einen Seite die Einbruchszahlen extrem angestiegen sind, wie berichtet, dann wird auf der anderen Seite allerdings geschrieben, dass im Kreis Höxter die Zahl der Einbruchsdelikte fast konstant geblieben sei und dass es im Kreis Lippe im Vergleich zu allen Landkreisen im restlichen Bundesland relativ wenig Einbrüche geben soll. Woher kommen dann die Einbrüche, welche Gegenden, Ortschaften und Objekte sind insbesondere betroffen? Dazu gibt es keine Antwort. Die Wahrnehmung in der Bevölkerung bzgl. dieser Delikte ist aber eine andere als die Statistiken verraten. Dies führte sogar so weit, dass sich in Blomberg (Kreis Lippe) eine http://www.nw-news.de/owl/6590025_Internet-Buergerwehr_will_sicheres_Blomberg.html gebildet hatte, mit einer Facebook-Seite. Gut, Selbstjustiz sollte es nicht geben, dafür gibt es die Polizei, sofern sie Kapazitäten frei hat. Zudem wird so eine Initiative in der Öffentlichkeit heute gleich in der rechten Szene verortet, was wahrscheinlich zu ihrer Auflösung beigetragen hat. Eine Alternative wären private Wach- und Schließgesellschaften, die allerdings ihren Preis haben. Jetzt haben die Polizeibehörden in OWL einen gemeinsamen Aktionstag gegen Wohnungseinbruchskriminalität durchgeführt. Es geht darum, Einbrecherbanden durch Fahrtenkontrollen zu schnappen und zu verunsichern. Eine Station befand sich an der Autobahnabfahrt Warburg/Welda. Erfolgsmeldungen wurden bei dieser Aktion nicht berichtet. Diese Aktion diente wahrscheinlich mehr der Beruhigung der Bewohner. Natürlich werden die Bewohner gleichzeitig dazu aufgerufen, wachsam zu sein. Aber was ist das Ergebnis der Untersuchungen und der Aktion? Wie kann man Einbrüchen vorbeugen? Der Bürger wird wieder im Ungewissen gelassen und dadurch nimmt die Verunsicherung kein Ende.

In dieser Woche, KW 11 2013, gab es zwei Fahndungserfolge: einmal in Steinheim (Kreis Höxter) bzw. in Schieder (Kreis Lippe) und in Paderborn. Im ersten Fall sind drei südeuropäische Täter und im zweiten ein Deutsch-Kasache ergriffen worden. Sie sollen jeweils für mindestens vier bzw. sogar für zehn Delikte verantwortlich sein.

Samstag, 26. Januar 2013

Wasser: Vom Allgemeingut zur Handelsware?

Wasser ist in der europäischen Kultur ein Allgemeingut. Für die meisten Bewohner war es lange Zeit frei verfügbar. Deshalb haben die Bürger ein starkes Interesse an guter Wasserqualität und an dem Schutz des Wassers vor Verunreinigungen entwickelt. In den Dörfern gab es Brunnen und Gumpen, wo ein jeder frei Wasser schöpfen konnte. Es gibt heute immer noch Leute, die ihr Trinkwasser an natürlichen Wasserquellen entnehmen. Einige Hausbesitzer, insbesondere im ländlichen Raum, haben Brunnen zur autonomen Wasserversorgung auf ihrem Grundstück. Die Wasserqualität und -versorgung war nicht immer gleich gut verteilt und gesichert. Deshalb hat man zunächst in Städten und dann in kleineren Ortschaften wie beispielsweise Anfang des 20. Jhs. auch in Daseburg bei Warburg Wasserleitungen gebaut, ähnlich wie in Städten, um mit einer zentralen Wasserversorgung diese Defizite abzuschaffen, wie die Dokumentation aus Daseburg darlegt. In den 1960-er/70-er Jahren wurden auch die Abwässer kanalisiert und an die kommunalen Kläranlagen angeschlossen. Die Abwässergruben vor den Häusern auf dem Land verschwanden. Von Anfang an war die zentrale Wasserversorgung in der öffentlicher Hand. Meist lag die Versorgung und der Netzbetrieb bei den Stadtwerken. Die Wasserversorgung der Kernstädte wurde nach und nach mit denen der umliegenden Dörfer vernetzt. So entstanden große Netzwerke und deren Betreiber sind die kommunalen Unternehmen, die nach dem Kostendeckungsprinzip plus einer angemessenen Rendite abrechnen. Die Investitionen in diese Netze sind durch die Beiträge für den Anschluss an das Netz und durch die monatliche Wassergebühr von den Kunden abbezahlt.

Durch die zeitgleiche neue Wirtschaftspolitik in Großbritannien und den USA (Margret Thatcher und Ronald Reagan in den 1980-er Jahren) wurden dort öffentliche Unternehmen privatisiert: Öffentliche Betriebe wurden meiststeigernd an profitorientierte Konzerne oder Konsortien verkauft. Damit konnte der bisherige Besitzer die öffentlichen Schulden und die öffentlichen Verpflichtungen reduzieren. Den Bürgern hat man mit diesem Schritt mehr Effizienz, somit günstigere Preise und besseren Service versprochen, was selten eintraf. Die Privatisierung hatte zur Folge, dass der Service bzw. das Produkt aus Gründen des privatunternehmerischen Profitstrebens meist teuerer wurde. Die Preise dieser Unternehmen stiegen auch, weil in manchen Bereichen so gut wie kein Wettbewerb zwischen mehreren Unternehmen möglich ist. Es gibt nun eine neue Konzessions-Richtlinie der Europäischen Kommission, nach der die Wasserwirtschaft in der EU privatisiert werden soll. In manchen EU-Ländern wie in Portugal, welches seine Wasserversorgungs-unternehmen schon privatisiert hat, stieg seit dem Verkauf der Versorgungsnetze der Preis pro m3 Wasser um 400%!!! Zusätzlich können die Unternehmen die Wasserqualität durch Mischung mit qualitativ schlechterem Wasser reduzieren, um den Profit zu steigern. Diese Entwicklung scheint ein politischer Irrweg und gesellschaftlich unverantwortlich zu sein, da erstens ein Allgemeingut zu einer Handelsware gemacht wird, zweitens eine bezahlte Infrastruktur an profitorientierte Unternehmen veräußert wird und drittens, weil das Qualitäts-Preis-Verhältnis Gefahr läuft, sich zu verschlechtern. Viertens besteht die Gefahr, dass gutes Wasser exportiert wird und die hiesige Bevölkerung mit schlechtem Wasser vorlieb nehmen muss. Um diese Entwicklung zu verhindern, gibt es nun eine Bewegung, die Unterschriften sammelt, um die Privatisierung der Wasserversorgung zu verhindern.

Donnerstag, 3. Januar 2013

Was hat der Ort Welda mit Frankreich zu tun?

Welda, ein westfälischer Ort am ehemaligen kurhessisch-waldeckisch-paderbornischen
Dreiländereck in der Mitte Deutschlands, liegt etwa 400km von der deutsch-französischen Grenze entfernt. Im Januar 2013 feiern Deutschland und Frankreich das 50. Jubiläum der Unterzeichnung des Élysée - Vertrags von 1963. Im öffentlichen Bewusstsein denkt man bei deutsch-französischen Beziehungen meist an Grenzorte und an die damaligen Staatschefs Charles de Gaulle und Konrad Adenauer. Die Geschichte der Ortschaft Welda mitten in Deutschland jedoch zeigt auch andere Verbindungslinien zwischen diesen Staaten.

Die ersten dokumentierten Kontakte kamen durch die französische Armee, die an der Schlacht von Warburg während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) teilnahm. Sie durchquerte das benachbarte Welda und machte dort auch Quartier.

Durch die französische Revolution von 1789 ergaben sich für Welda einigee Folgen.
Im Jahre 1795 wählten die politischen Vertreter in Welda zum ersten Mal einen Nicht-Meier (Kötter) anstatt eines Meiers (Großbauer) zum Bürgermeister. Die sieben Vollmeier beschwerten sich beim Geheimen Rat des Fürstbistums Paderborn, mit der Begründung, dass wohl ,,die Köttere das französische Principium Freiheit und Gleichheit [und Brüderlichkeit] ergriffen hätten. welches aber von einem Hocherw. Geheimden Rathe gnädigst abzuwenden alle Vorsorge treffen werden''.

Und zweitens wenig später, als durch die Französische Revolution unter der Herrschaft der Jakobinier die französischen Geistlichen ihr Land verlassen mussten. Das Fürstbistum Paderborn nahm einige französische Priester auf und setzte sie in ihren Pfarreien wie bespielsweise in Welda ein. Jean Nicolas Rappe blieb von 1796 bis 1808 in Welda. Als Pfarrer hatte er auch die örtliche Schulaufsicht. Der damalige Schulinspektor und Franziskaner Damanzius Himmelhaus vermerkte damals in seinem Report die 'französische Strenge' an dieser Schule.

Französische Trappisten versuchten 1802 eine 'Erziehungsanstalt' auf Schloss Welda zu gründen. Das Hochstift Paderborn wurde 1803 durch die Preussen annektiert. Die damalige preussische "Spezialorganisationskommission" schloss das Projekt 1803 vorzeitig, da ihr die Schule zu streng und die 'Erziehungsmaßnahmen 'unmenschlich' erschienen. Das verwundert eigentlich, denn die Preussen waren ja auch nicht gerade als Weichlinge bekannt. Aber vielleicht hatten die deutschen Schulen Angst vor unliebsamer Konkurrenz. Es zeigten sich schon vor über 200 Jahren markante Unterschiede zwischen dem deutschen und französischen Schulsystem. Ob dies die Entwicklung der heutigen deutschen Schulen erklärt? Es wäre interessant zu wissen, was aus dieser Schulgründung geworden wäre, wenn man sie nicht geschlossen hätte.

Nicht zu vergessen ist gewiss das Königreich Westfalen, das von Napoleon im Jahre 1807 gegründet worden ist. Die Idee, ein Territorium Westfalen einzurichten, war im Ansatz nicht verkehrt. Allerdings weite Teile Westfalens nicht einzugliedern und die Landeshauptstadt in Kassel anzusiedeln, war nicht so ,lustik'. "König Lustik" war der Spitzname von Jérôme Bonaparte, dem Bruder Napoleons. Er regierte damals Westfalen. Die Katholiken verbanden mit ihrer Ansicht nach ebenfalls katholischen Franzosen eine Verbesserung ihrer Position gegenüber der kurz vorher erlebten preussischen Herrschaft. Aber hier kannte man die Ziele der Revolution und des Laizismus nicht gut genug und war deshalb umso mehr enttäuscht. Umgekehrt verstanden die Franzosen nicht, diese Erwartung in der Bevölkerung für sich zu nutzen. Diese französische Zeit hat übrigens französische Begriffe und Lehnwörter in die hochdeutsche und niederdeutsche Sprache gebracht, die als Relikte noch heute erhalten sind. Zudem führten die Franzosen die Emanzipation der Juden, die Abschaffung der Stände und der Leibeigenschaft sowie die Gewerbefreiheit ein.

Einen Bezug zu Frankreich hatte die Weldaer Schriftstellerin Ferdinande von Brakel über ihre 1806 geborene Mutter Charlotte Leontine von Brackel geborene Asbeck. Die Mutter Charlottes war die Marquise Ferdinandine de Ghistelles. Sie war am Französischen Königshof Hofdame, musste aber wegen der Revolution über Belgien nach Deutschland flüchten. Versuche, mehr über diese Familie in Frankreich in Erfahrung zu bringen, scheiterten an dem Antwortverhalten des dortigen historischen Vereins.

Gewiss waren auch Weldaer als rekrutierte Soldaten im Ersten und Zweiten Weltkrieg bzw. sind da gefallen. Aber es gibt keine spezielle kriegerischen Erinnerungen oder Ressentiments gegen Frankreich. Das Hochstift hatte keine Armee und sie war auch nie bis Frankreich. Im Gegenteil Frankreich war meist die bevorzugte Schutzmacht zu Zeiten des Hochstifts.

Während des Zweiten Weltkriegs waren u.a. auch französische Kriegsgefangene in Welda zur landwirtschaftlichen Arbeit eingesetzt. Die Kontakte zur Weldaer Bevölkerung waren so freundschaftlich, dass nicht wenige dieser Kriegsgefangenen nach dem Krieg regelmäßig zum Besuch nach Welda kamen. Sie waren bei Weldaer Familien untergebracht und brachten auch ihre Familienangehörigen mit. Dabei waren die Verkehrsverbindungen noch sehr schwierig, es gab noch keine Autobahn, die bis in die Region führte.

Fazit: Die Frage, ob Welda vom französischen Einfluss mehr profitiert als Schaden genommen hat, liegt im Auge des Betrachters. Die Französische Revolution hatte sicherlich greifbare Auswirkungen auf Welda. Dies zeigt, dass die deutsch-französischen Beziehungen nicht nur eine Frage der Grenze sind. Das Bild vom Boche, dem ,häßlichen Deutschen', wurde, wie das Beispiel der Kriegsgefangenenkontakte zeigt, relativiert. Versöhnung und menschliches Miteinander stehen hier anstelle von Feindschaft und Hass. So sind nicht zuletzt auch in Welda, mitten in Deutschland, die Grundlagen für die Akzeptanz des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages geschaffen worden. Diese Grundlagen sind nicht immer übertragbar, beispielsweise auf das Verhältnis zwischen Israelis und Araber. P.S.: Übrigens war Westfalen auch ein Zufluchtsgebiet für die Verfolgten der französischen Revolution und somit auch ein Gebiet der deutsch-französischen Begegnung.