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Donnerstag, 9. Juni 2016

Zwei Gedanken zu den aktuellen politischen Entwicklungen

Zur Frage des Asyls hat sich ein türkischer Journalist in einem Interview mit der FAZ über die immer stärker werdenden Repressionen gegen seine Kollegen und ihn gesprochen und erklärt, dass er sich nicht ins Exil drängen lassen will. Mit dem Exil hätte die Regierung in der Angelegenheiten gewonnen, aber er will bleiben und kämpfen, damit sein Land nicht eine Diktatur wird. Auch in Syrien gibt es Oppositionelle wie Michel Kilo, der anstatt ins Exil zu gehen mehrere Gefängnisstrafen in Kauf nahm. Jeder verfolgte Mensch hat eine andere Wahrnehmung von der Gefahr, die durch Verfolgung und durch Kriegseinwirkungen entstehen kann. Diese individuelle Entscheidung ist zu respektieren, genauso wie die Entscheidungen in den Ländern, die prüfen, ob ein Asylgrund vorliegt oder nicht. Überraschend ist, dass in der stark umgekämpften Stadt Aleppo immer noch Menschen ausharren. Zuletzt ist der einzig verbliebene Kinderarzt im dortigen Krankenhaus bei einem Luftangriff um das Leben gekommen. Deshalb sind die Entscheidungen der Ärzte, Journalisten und anderer Helfer sowie Regimekritiker, Oppositionellen, die trotz aller widrigen Umstände dennoch vor Ort bleiben, um gegen den medizinischen Notstand und/oder gegen die Diktatur usw. zu kämpfen unter der Gefahr um Leib und Seele nicht hoch genug zu schätzen. Diese Leute benötigen vor allem Unterstützung. Die EU bzw. die EU-Beitrittsbefürworter der Türkei, die diese Gespräche und die damit verbundene finanzielle Unterstützung erst ermöglicht und damit die Regierung erst gestärkt haben, müssen sich zudem fragen lassen, ob sie nicht mitverantwortlich für diese Entwicklungen in der Türkei sind. Gerade die Verfolgten Regierungsgegner haben schon mehrmals auf die fehlende Worten seitens Europa vergeblich gewartet und sie sogar eingefordert. Wenn Regimekritiker vermehrt flüchten, dann werden in diesen Ländern Machthaber etabliert und installiert, mit denen der Westen eigentlich nichts zu tun haben will und stets Schwierigkeiten hat. Die starken Interessen der Türkei den syrischen Präsidenten Assad zu entmachten, haben auch dazu geführt, dass der gewalttätige Konflikt in Syrien so eskaliert ist. Bedenklich ist ferner, dass die türkische Regierung zudem mit den syrischen Flüchtlingen im Land, deren Flucht auch ein Produkt der eigenen Intervention ist, Außenpolitik gegenüber dem Westen betreibt sowie Minderheiten im eigenen Land angreift. Wenn der Westen dies weiterhin zulässt, dann ziehen schwere Zeiten für Europa auf.

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