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Montag, 12. März 2012

Landflucht heute - Die Jugend geht, die Senioren bleiben

Am 6. März 2012 gab es bei 3sat zwei interessante Beiträge zum Leben auf dem Lande. Der eine war ‘Uhlenflug’, ein sensibel beobachtender Dokumentarfilm, der das alltägliche Leben eines alten Bauern beschreibt und dabei den Reichtum des Einfachen entfaltet. Gezeigt wird das Leben eines 73 Jahre alten Bauern, der auf einem alten Bauernhof lebt mit einer Kuh, einem Kälbchen, einer Katze.

Der zweite Film mit dem Titel 'Stadt - Land - Flucht'. an diesem Abend zeigt den “demografischen Wandel” auf Dörfern im Westen der Bundesrepublik. Das klingt verharmlosend. Andere nennen es “Landflucht”: junge Menschen verlassen das Dorf und ziehen in eine Stadt, die älteren bleiben. Häuser stehen leer, beginnen zu verfallen, Schulen und Läden werden geschlossen, die dörfliche Infrastruktur bricht zusammen. Wenn die abwärts verlaufende Spirale einmal eingesetzt hat, ist kaum noch etwas daran zu ändern. Doch manche Menschen wehren sich gegen den
Zerfall. Ein Einzelhändler zum Beispiel will seinen kleinen Kurzwarenladen nicht schließen, obwohl seine Kundschaft ihm und der Region längst den Rücken gekehrt hat. Um die täglich drohende Pleite abzuwenden, arbeitet er noch als Fremdenführer, Schulbus- und Taxifahrer. Eine 72-jährige Ärztin möchte längst verlassene Kasernenanlagen mit aktiven Senioren aus der Stadt bevölkern.

Der erste Teil des Films “Heimat” von Edgar Reitz wurde 1981/82 aufgenommen u.a. in Woppenroth (im Film Schabbach genannt) im Hunsrück. Einer der Drehorte, das Haus von Marie-Goot in der Fallerstraße in Woppenroth, früher ein schönes Hunsrückhaus, ist heute eine Ruine. Für Bürgermeister sind verlassene Häuser, an denen der Zahn der Zeit zu nagen beginnt, ein Alarmzeichen. Bald wird das Dorf unattraktiv für Investoren, Touristen, für Leute, die sich hier vielleicht niederlassen möchten. Meistens fehlt es an öffentlichen Geldern um Projekt zum Erhalt des Dorfes zu finanzieren.

Wenn es Interessenten gibt, die zu einem Schnäppchenpreis alte Häuser erwerben können und wollen, dann wird zumindest ein Teil der Bausubstanz eines Dorfes vor dem weiteren Verfall bewahrt. In Frage kommen Pensionierte, die Naturliebhaber und auf der Suche sind nach einem erschwinglichen Haus bei reduziertem Einkommen. Manchmal gelingt es auch, mit niedrigen Wohnungspreisen junge Familien anzuziehen. Die Chance, dass dies gelingt,
hängt sehr davon ab, ob es in der Nähe Stellenangebote gibt und wie gut die öffentliche Verkehrsanbindung ist und wieviel der Infrastruktur des Dorfes noch intakt ist. Gibt es noch Läden für den täglichen Bedarf? Wie weit ist es bis zum nächsten Arzt? Bei Familien mit schulpflichtigen Kindern spielt auch das Schulangebot eine wesentliche Rolle.

Der Tourismus ist eine weitere Einnahmequelle für den ländlichen Raum. Beim ‘sanften Tourismus’ ist sogar ein Aufwärtstrend zu beobachten bei Urlaubern, die als Wanderer oder mit dem Fahrrad aktive Ferien machen wollen. Kleine Gemeinden in attraktiver landschaftlicher Lage lassen sich dazu etwas einfallen, was selbst mit einem schmalen Gemeindebudget machbar ist. Zum Beispiel der Unterhalt von Wander- oder Radwegen. Abgesehen von der attraktiven landschaftlichen Lage sind weitere Grundvoraussetzungen für den Tourismus nötig. Das sind Restaurants und Hotels bzw. Fremdenzimmer.

Aber wenn einmal die letzte Dorfkneipe zugemacht hat, dann fehlt auch ein wichtiger Katalysator für das soziale Leben im Dorf.
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Aus fremder Feder

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