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Montag, 9. April 2012

Kneipensterben in Deutschland -- Welda als Phänomen

Welda, ein Ort mit 850 Einwohnern, ist mit den vier ''real existierenden'' Gaststätten nicht nur in der Region Hochstift Paderborn und im benachbarten Nordhessen ein Phänomen. Denn in vielen anderen Ortschaften der Region und selbst in manchen Ortsteilen des Warburger Stadtgebiets existiert kein einziges Wirtshaus mehr.

Eine neue Studie hat das Kneipensterben in den letzten 10 Jahren untersucht. In diesem Zeitraum wurden 12,000 Schankbetriebe in Deutschland geschlossen. Ein Teilergebnis der Studie lautet: Während in Niedersachsen und Hamburg das Kneipensterben in diesem Zeitraum besonders hoch war, hat sich die Zahl der Kneipen in Berlin fast verdoppelt. Ein Diskutant meint, dass in Hamburg die Bierpreise im Vergleich zu Berlin höher wären. Dies soll ein Grund für diese Diskrepanz sein. Andere führen den Grund für die vielen Schließungen auf das Rauchverbot für Gaststätten zurück. Die Argumentation in den Artikeln und in der Diskussion verläuft etwas in der Richtung: Haltet den Dieb! Während der Schankbetrieb in Vereinshäusern als eine Ursache für die Entwicklung gesehen wird, meint ein hoher Landespolitiker, dass die Feuerwehrhäuser mit eigener Bierzapfanlage Schuld an dieser Entwicklung wären. In Bayern gibt es in 500 der insgesamt 2200 Ortschaften kein einziges Wirtshaus mehr. Manche sehen auch die Senkung der Promillegrenze für Kraftfahrzeugführer als Grund für das Kneipensterben.

Der Professor für Kulturgeographie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingelstadt Dr. Florian Kohnle, der zur Zeit eine Studie zum Thema erarbeitet, äußert sich so: "Mit dem Wirtshaus verschwindet eine Einrichtung mit hohem sozialen und kulturellen Stellenwert aus den Gemeinden". Dies sind erhebende Worte, aber ein schwacher Trost für die Bewohner von Ortschafen ohne Wirtshaus. Ist denn in Berlin wirklich der Bedarf an Errichtungen mit sozialem und kulturellem Stellenwert gestiegen und gibt es in Berlin weniger Vereine mit Zapfanlagen als im Rest des Landes?

Neben dem Wandel in der Gesellschaft, zählt heute, dass die Menschen ein anderes Freizeitverhalten, eine veränderte Arbeitswelt sowie eine andere Mobilität besitzen. Wo gibt es noch Stammtische nach dem sonntäglichen Gottesdienst? In welchen Ortschaften gibt es denn noch Gottesdienste jeden Sonntag? Wo beschaffen sich die Leute die neusten Informationen und wo werden diese diskutiert?

Man darf nicht vergessen, dass manche Wirtshäuser geschlossen werden, weil keine Nachfolger gefunden werden. Zudem geben die Banken den Wirten für die Eröffnung und Renovierung von Gasthäusern auch keine Kredite mehr. Auch die Brauereien finanzieren die Wirtshauseinrichtungen, die exklusiv ihr Bier ausschenken, nicht mehr so leicht wie früher. Bei der Übergabe einer Gastwirtschaft werden zudem die zu erfüllenden Bedingungen an die Schanklizenzen von den Behörden stetig erhöht. Die Überregulierung des Staates macht somit den Erhalt und die Fortführung der Wirtshäuser auch nicht leichter. Wenn dann noch Vereine als ''Konkurrenzbetriebe'' auftreten, dann ist der Umsatz und somit das monatliche Auskommen der Betreiber, in den ohnehin umsatzschwachen Ortschaften, gefährdet. Insgesamt kann man den Wirten nichts vorwerfen, wenn sie ihre Schankbetriebe aufgeben. Denn in anderen Berufen verdienen oft mehr und zudem haben sie meist in anderen Berufen auch angenehmere Arbeitszeiten. Und für sozio-kulturelle Arbeit gibt es keine finanzielle Zulagen.

4 Kommentare:

  1. Jupp von der Eggel27. Mai 2012 um 23:26

    Oh du glückliches Welda ....
    Prima Aufsatz, doch bleibt die Frage:
    Warum funktioniert es in Welda und in den vielen anderen Orten im Altkreis Warburg nicht?

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    1. Es ist eben Welda!

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    2. Jupp von der Eggel2. Juni 2012 um 22:41

      So genau wollte ich es eigentlich nicht wissen ....

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  2. Die Antwort auf die Frage ist nicht so einfach, aber sie wäre eine lokale Studie wert.

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